Südtirol-Velotour


Einleitung

 

Prolog

25. Mai 30 km
Samaden - Zernez
 

1. Tag

26. Mai 80 km
Zernez - Ofenpass - Schluderns
 

2. Tag

27. Mai 73 km
Schluderns - Meran - Lana
 

3. Tag

28. Mai 87 km
Lana - Trento
 

4. Tag

29. Mai 92 km
Trento - Verona
 

5. Tag

30. Mai
Verona
 

Epilog

31. Mai
Zugreise nach Hause
 
 

Alle Bilder

Einleitung

Ende Mai 2006 unternahmen wir eine kleine Radtour vom Engadin nach Verona. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit dem Frühsommerwetter in den vergangenen Jahren, entschlossen wir uns, es einmal auf der Alpensüdseite zu versuchen. Dieser Entscheid sollte sich dann nachträglich als sehr vernünftig herausstellen, war‘s doch im Norden kalt und nass, und es schneite fast bis ins Mittelland.
Ich habe hier einfach ein paar subjektive Erinnerungen aufgeschrieben, dazu ein paar Bilder. Ich bin mir bewusst, dass in jedem Ferienprospekt schönere zu finden sind. Sie lassen sich einfach durch Anklicken vergrössern. Teilweise sind dann auch Kommentare dazu zu finden.

Über Kommentare oder sonstiges Feedback würde ich mich natürlich freuen.

© 2006 Martin Schär



Prolog

Samaden - Zernez

Noch im Zug Richtung Engadin beschlossen wir, das Stück von Samaden nach Zernez mit dem Velo zu fahren. Der Veloland-Radweg Nr. 6 führt nahe beim Bahnhof vorbei. Sehr gute Wege führen bis nach S-chanf. Kurz danach wird es hingegen ruppig: grobe Schotterstrassen und ein ständiges Enzianauf und ab. Diese Strecke ist eigentlich nur noch mit dem Mountain-Bike und ohne Gepäck befahrbar. Alle die sich das ersparen wollen, sollten sich nicht von der bei S-chanf noch geteerten, guten Strasse irritieren lassen und bei S-chanf die Talseite auf die Hauptstrasse wechseln. Später ist das bis Zernez nicht mehr möglich.
Dann ein schönes Zimmer im Hotel Spöl. Im Hotel Alpina gleich daneben einen Veltliner und gute, aber völlig lieblos im Suppenteller servierte Engadiner Kalbsleber mit Rösti. Aber der Koch des halb leeren Restaurants hatte ja auch keine Zeit, er musste sich intensiv mit den Gästen am Nachbartisch unterhalten.



1. Tag

Zernez - Ofenpass - Schluderns

Der Ofenpass ist ein gemeiner Pass, da ist man bei Ova Spin schon mal auf über 1900 Meter angekommen und denkt sich, dass man es schon fast bis zur Passhöhe von gut 2100 Meter geschafft hat, und dann folgen zuerst nochmals 200 Meter Abfahrt.

Aufstieg

Aber der Reihe nach. Bei schönem, aber nicht allzu warmem Wetter wagten wir uns an die 700 Meter Aufstieg. Gleich Ausgangs Zernez wird es ziemlich steil und es geht durch ein paar lästige Galerien. Die Gegend wird immer wilder und die Steilheit lässt etwas nach. Weit unten braust der Spöl Richtung Tal. NationalparkDann, wie am Anfang schon erwähnt, Ova Spin. Wunderbare Rundsicht, eben auch auf die bevorstehenden 200 Meter Abfahrt. Auf der ganzen Strecke Hunderte von Motorrädern. Bis auf eine Ausnahme (Gold Wing mit Seitenwagen, Belgisches Kontrollschild) fahren sie aber anständig und halten genügend Abstand.
Nun also nichts wie wieder runter bis Punt da Drossa, wo die Strasse nach Livigno abzweigt. Und nun müssen die 200 Meter wieder erklommen werden. Zuerst aber noch eine kleine Stärkung im Hotel Il Fourn. GeschafftDie Steigung nimmt zu, richtig steil wird’s dann auf den letzten hundert Metern vor der Passhöhe. Die Anstrengung wird belohnt durch eine wunderschöne Aussicht übers Münstertal. Zuerst heisst es aber sich wärmer anziehen, es ist sehr kalt und die blühenden Soldanellen zeigen auch an, dass der Schnee noch nicht lange weg ist.
Deshalb beschliessen wir (auch angesichts der vollbesetzten Terrasse), nicht wie zuerst geplant, auf der Passhöhe zu essen, sondern fahren bis zum nächsten Dorf hinunter und essen dort etwas.
MüstairDann weiter durchs Münstertal. Dank der breiten, steilen Strasse mit nicht allzuviel Verkehr habe ich mühelos meinen etwa zehn Jahre alten persönlichen Geschwindigkeitsrekord gebrochen.
In Müstair erreichen wir die italienische Grenze, aber nicht ohne vorher noch die neu renovierte Kirche des Klosters St. Johann, ein UNESCO Weltkulturerbe, zu besichtigen.
GlurnsWeiter geht’s nach Glurns, der kleinsten Stadt in Italien. Eigentlich handelt es sich dabei um ein Bauernkaff mit etwa 850 Einwohnern. Da es aber komplett mit einer Stadtmauer inklusive mindestens sieben Türmen umgeben ist, gilt es halt als Stadt. Und da jeder Bauernhof auch noch von Mauern umgeben ist, besteht der ganze Ort fast nur aus Mauern.
Hier stossen wir denn auch auf den Etsch-Radweg, einem Teil der Via Claudia Augusta, dem wir in den nächsten Tagen folgen werden. Nach einem Bier geht es weiter nach Schluderns, dessen Wahrzeichen, die riesige Churburg über dem Ort schon von weitem zu sehen ist. Wir nehmen ein günstiges Zimmer in der Pension Längerer und beschliessen den Tag mit Knödel und Käsenockerln in der alten Mühle

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2. Tag

Schluderns - Meran - Lana

ChurburgAm nächsten Morgen dann weiter, zuerst auf dem Radweg entlang des Etsch, dann über kleine Landstrassen. Immer mehr prägen Obstplantagen - von Obstgärten zu sprechen wäre angesichts des praktisch überall unter den Bäumen weggespritzten Grases etwas übertrieben - die Wege. Bei Prad kommt rechts die Strasse aufs Stilfser Joch ins Blickfeld. Die werden wir dann fahren, wenn wir sonst absolut keine Tourenideen mehr haben. Weiter geht’s durch Göflankleine Dörfer - Laas mit den Marmorbrüchen, Göflan, Schlanders der Hauptort des Vinschgaus, Latsch, Kastelbel - und immer wieder durch Apfelplantagen. Am Weg stehen überall Holunderbüsche. Die Luft riecht nach Holunderblüten, in den Dörfern gelegentlich auch nach Kanalisation. VinschgaubahnIrgendwann wird weit unten Meran sichtbar. Der Radweg geht für kurze Zeit auf die Hauptstrasse, was aber angesichts des Gefälles kein Problem ist. Nach einer rasanten Abfahrt haben wir die Stadt dann auch schon erreicht.

Wir spazieren der Passerpromenade entlang, am Kurhaus vorbei. Bei der Wandelhalle an der Winterpromenade findet ein Flohmarkt statt. Hier hört man zum ersten mal fast so viel Italienisch wie Deutsch. Wir schauen uns kurz um und wollen dann weiterfahren. MeranDa ist er aber auch schon, der auf jeder Tour obligate Platten. Ich pumpe so viel wie nötig, und wir machen uns auf der Suche nach einer Tankstelle, um dort dann den Schlauch zu wechseln und richtig zu pumpen. Dies erweist sich schwieriger als erwartet, da es Samstag ist, und die unbedienten Tankstellen keine Pumpstation haben. Schon ziemlich ausserhalb finden wir schliesslich doch noch was wir suchen. Rasch ist dann der Schlauch gewechselt und wieder hart gepumpt. Da wir uns jetzt aber an die Hauptstrassen gehalten haben, finden wir den Radweg nicht mehr. Also Lanafolgen wir erst mal den Strassenwegweisern. Auch hier riecht es nach Holunderblüten. Unter die Obstkulturen mischen sich immer mehr auch Reben. Irgendwo überqueren wir die Etsch und übersehen dabei, dass der Radweg wahrscheinlich unter der Brücke hindurch führt. Wir beschliessen im nächsten Ort eine Unterkunft zu suchen. Als wir dann nach Lana kommen, findet dort ein Dorffest statt, nicht gerade das, was wir uns im Umfeld einer Unterkunft Feierabendbierwünschen. Also fahren wir noch etwas weiter und fragen dann im nächsten Hotel nach einem Zimmer. Doch da ist alles ausgebucht, in den nächsten paar ebenfalls. Wir hatten uns nicht überlegt, dass viele den Auffahrtstag für ein verlängertes Wochenende nutzten. Schliesslich fanden wir in der Pension Unteranger in Niederlana ein Einzelzimmer, in das sich noch ein Feldbett stellen liess. Wir erholten uns bei einem Weissbier und spazierten später zum Alten Brandiser Weinkeller, wo wir ein feines Nachtessen genossen.



3. Tag

Lana - Bozen - Trento

Dank Beschreibung der Pensionsleiterin fanden wir dann am andern Morgen sehr schnell den neu Radwegeerstellten Radweg. Dieser ist auf dieser Strecke erst in diesem Jahr eröffnet worden und scheint die Radfahrer aus der ganzen Gegend anzuziehen. Weiterhin begleitet uns der Duft von Holunderblüten, gelegentlich auch derjenige von Jasmin. Auf dem schönen Weg abseits von Ortschaften und Strasse fährt es sich wie von selbst. Nur an Verpflegungsmöglichkeiten fehlt es noch. Bald schon ist Schloss Siegmundskron bei Bozen zu sehen.
Eigentlich wollten wir Bozen noch besichtigen, aber irgendwie haben wir im dichten Veloverkehr die Abzweigung verpasst. Lange EtschZeit verläuft der Weg auf einer schmalen Halbinsel zwischen dem Etsch und dem vom Brenner herkommenden Eisack. Nach dem Zusammenfluss ist dann aus dem Etsch schon ein beachtlicher Strom geworden. Auch hier wieder Holunderblütenduft. In der Nähe von Auer finden wir dann doch noch eine Imbissbude, bei der wir uns verpflegen können. Trento
Immer mehr wird Italienisch gesprochen, und nach Salurn, der südlichsten Stadt des Südtirols, ist es auch vorbei mit den zweisprachigen Ortsbezeichnungen. Bald erreichen wir dann Trento.
Diese Stadt war mir bisher praktisch unbekannt. Um so überraschter war ich von der gut erhaltenen mittelalterlichen Altstadt mit dem imposanten Dom. Im Hotel Venezia direkt neben dem Domplatz fanden wir auch gleich eine günstige Unterkunft. Nach einem Rundgang durch die Stadt beschliessen wir den Tag mit einem feinen Nachtessen und einer guten Flasche Wein.



4. Tag

Trento - Verona

RebenHier wird das Tal langsam breiter und es breitet sich immer mehr Industrie aus. Weiter geht es - meistens begleitet von Holunderblütenduft - durch Reb- und Kiwifelder dem Etsch entlang. Links in der Höhe das Castello Beseno, eine der grössten Burganlagen des Trentino, sichtbar. Vorbei geht’s an Rovereto bevor dann Ristorante Ertabei Pilcante eine kurze Strecke auf der Hauptstrasse folgt. Da wir hungrig sind, beschliessen wir, bis zum nächsten Dorf weiterhin der Strasse zu folgen. Es sollte sich lohnen: ein Wegweiser an der Strasse weist zu einem unscheinbaren Gebäude, das Ristorante Erta. Dort gibt es keine Karte, aber Pasta, Risotto, Bistecco und Salat. Wir schaffen nicht alles und dann werden auch ungefragt auch noch Dessert und Liquori gebracht. VenetoAls wir die Rechnung erhalten staunen wir: 38€ für zwei Personen.
Bei Vo Sinistra erreichen wir dann wieder den Radweg. Kurz danach kommen wir dann in die Provinz Veneto. Der Holunderblütenduft wird gelegentlich von Jasmin abgelöst und die Radwegweiser werden immer seltener und verschwinden dann fast ganz. Prompt verfehlen wir den Weg. Aber bald sind wir wieder zurück auf den kleineren Strassen.
Bei Canale wird das Tal wieder eng, und die Strasse steigt steil an Kanalund auf halber Höhe fliesst plötzlich ein Kanal aus dem Berg. Weiter geht’s, links und rechts Marmorbrüche, und überall Lastwagen mit Steinen, der Kanal fliesst jetzt statt aus dem Berg über ein Aquadukt. So erreichen wir schliesslich Verona.
Nach dem wir eine Unterkunft gefunden hatten, spazierten wir Richtung Zentrum. "Take it Veronaeasy" tönte es irgend woher im Country-Rock-Stil. Nach einem kurzen Zwischenhalt erreichen wir den Platz beim Amphitheater. Jetzt erkennen wir auch, woher die Musik von vorher kam; im Theater spielen die Eagles. Wir setzen uns in ein Strassenkaffee daneben, hören der Musik zu - "Doolin Dalton" ist grad dran - und bestellen eine Pizza. Diese schmeckt höchstens durchschnittlich und billigste Flasche Wein dazu kostet genau gleich viel, wie das ganze Menü vom Mittag. "Take it to The Limit" singen die Eagles, und "James Dean" und ihre weiteren Hits. Bis "Hotel California" warten wir nicht mehr. Wir nehmen uns ein Taxi, bevor das Konzert zu Ende ist, und fahren zurück zum Hotel.



5. Tag

Verona

Am nächsten Tag regnet es in Strömen. Da wir aber nicht vorhaben, an diesem Tag aufs Velo zu sitzen, Veronastört uns das nicht so sehr. Wir beschliessen uns zuerst um die Bahntickets zu kümmern und spazieren zum Bahnhof. Das ist eine kleine Geduldsprobe, Veronadas Einsparen von Bahnpersonal scheint unterdessen eine europaweite Unsitte zu sein. Nachher machen wir uns zu Fuss auf die Besichtigung der Altstadt. Eindrücklich das Castelvecchio mit der Ponte Scaliero. Auf dem Balkon des "Hauses der Julia" posieren sich im Minutentakt Paare aus Japan, Afrika oder von wo auch immer. Jetzt, da kein Konzert läuft, können wir auch das Theater auch von innen besichtigen. Gewaltig, was da vor bald 2000 Jahren gebaut wurde.
VeronaDann beschliessen wir, die Erkundigung mit dem Bus fortzusetzen. Prompt erwischen wir den falschen Bus und kommen so zu einer Rundfahrt durch die Aussenquartiere. Die sind allerdings nicht so schmuck, wie die Altstadt, dafür sind Kaffee und Wein billiger.
Das Wetter ist unterdessen wieder besser geworden, also gehen wir nochmals zu Fuss, entlang des Etsch durch die Altstatdt. Es gäbe noch viel zu entdecken.
Abends ein gutes Essen im Ristorante Memphis di Molinario in der Nähe des Hotels.

6. Tag

Rückreise

Verona

Nun gehts also wieder nach Hause, bei der Porta Nueva ein letzter Blick Richtung Altstatdt. Dann besteigen wir den Zug Richtung Mailand. Erst im Nachhinein haben wir entdeckt, dass es auch einen direkten Zug nach Zürich gegeben hätte. Zügig gehts durch die Poebene und bald ist auch Milano erreicht. Dort gibt es auch gleich einen Anschlusszug Richtung Norden. Im Speisewagen teures, fades, italienisches Bier.
Rasch nähern wir uns den frischverschneiten Alpen. Dann in Bellinzona die Durchsage, dass wir in Biasca auf Busse umsteigen müssten. Niemand weiss warum, es kursiert ein Gerücht über einen Waldbrand. Ich kann es mir kaum vorstellen, es hat ja eben erst noch geregnet. Kurz vor Biasca dann Entwarnung, der Zug fährt durch. Zwischen den Gleisen bei den Kehrtunnels bei Faido sehen wir es dann doch, Feuerwehr, Hubschrauber und brennendes Gestrüpp.
In Airolo werden dann noch die mit den Bussen transportierten Passagiere der vorherigen Züge aufgenommen. Zum Glück haben wir schon einen Sitzplatz, denn selbst Stehplätze werden knapp. Die Leute haben in ihren Sommerkleidern teilweise fast zwei Stunden in der alpinen Kälte ausgehalten. Mit etwa zwei Stunden Verspätung kommen wir schliesslich zu Hause an.
Erst am nächsten Tag erfahren wir dann, dass auch die Gotthardautobahn wegen eines Felssturzes seit diesem Tag gesperrt war.



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